Von Bern bis an’s Mittelmeer in der warmen Aare4 min read

Wenn das mit der freien Sicht auf’s Mittelmeer, nieder mit den Alpen, einfach nicht klappen will, dann braucht es kreative Lösungen.

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The swimmer caught in flagranti
Der Schwimmer, in flgranti erwischt

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Vor ein paar Wochen war es etwas weiter als Mailand, inzwischen bin ich diesen Sommer, zumindest virtuell, die Luftlinien-Distanz bis an’s Mittelmeer geschwommen. Saisonziel erreicht. 😉

Es sind zum Glück sogar noch ein paar Kilometer mehr geworden. Denn wie wir aus diesem Blogbeitrag einiger Berner Velokuriere wissen, ist Voltri ein ziemlich hässliches Industriekaff, am Mittelmeer zwar, aber nicht besonders idylisch. Und doch ist Voltri, von Bern aus gerechnet, die Ortschaft auf der direksten Linie zum Mittelmeer

Bern-Voltri

Anfang Saison hatten wir angefangen auf einer Strichliste die Anzahl unserer Bremgarten Halbinsel Schlaufen zu erfassen. Irgendwann diskutierten wir dann, wie lange wohl eine Schlaufe sei. Auf einer Karte eruierten wir die Länge unserer verschiedenen Schwimmstrecken, old school, mit Hilfe von Faden und der Kartenskala.

Distanzen:

A: Bremgarten Halbinsel Schlaufe: 1.8 km
B: Felsenaubrücke – Halenbrücke: 2.75 km
C: Strändli: 0.6 km

Und dann kam ich in’s rechnen. Und Distanzen vergleichen. Mailand. Das Mittelmeer. Eine Spielerei zuerst. Und dann kam der Ehrgeiz…

Ich verfasste einen ersten Blogbeitrag: Meine Aare Schwimmsaison 2015 und fing an auf Twitter rumzubluffen, yup, peinlich peinlich. Worauf überraschenderweise eine Journalistin vom Bund mich kontaktiert und am 17.8.2015 in diesem Artikel zitiert hat: Von Bern bis nach Mailand in der warmen Aare. (Erklärt auch den Titel dieses Posts)

Zuerst als Witz setzte ich mir ein Saisonziel, ich wollte die 297.9 km bis an’s Mittelmeer erreichen. Die Tage, an denen Aareschwimmen über längere Distanzen in Bern möglich ist, sind bekanntlich begrenzt. Und es sollte tatsächlich knapp werden (eine Lebensmittelvegiftung am letzten Samstag half nicht besonders). Diese letzten paar Tage musste ich mein Schwimmpensum ziemlich forcieren. 4 – 5 Schlaufen pro Tag hatte es auch vorher ein paar wenige Male gegeben, aber nicht an 3 Tagen in Folge. Zudem schwamm ich an den letzten 3 Tagen je einmal zur Halenbrücke, unsere längste Schwimmroute.

Zähler:

A: 143 (112) x 1.8 km = 257.4 km (201.6 km) [1.]
B: 6 x 16.5 km = 8.25 km
C: 40 (20) x 0.6 km = 24 km (12 km) [2.]

Total: 297.9 km

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297.9km

Gestern, am 31. Oktober 2015 kurz vor 16:30, war es dann soweit. Ich hatte die Distanz erreicht. 297.9 km. Und zwar interessanterweise auf die Kommastelle genau. Das hat mich selber überrascht und war alles andere als so geplant.

Ein Blick voller Genugtuung Richtung Mittelmeer
Ein etwas müder Blick voller Genugtuung Richtung Mittelmeer

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Wir sind inzwischen noch ein paar weitere Male unsere Lieblingsstrecke geschwommen (gestern spät ein weiteres Mal mitten in der Nacht im (fast) Vollmondlicht) und somit über der magischen 300 km Marke angelangt. Aber eben, Saisonziel erreicht. Alles weitere ist Zugabe.

Den aktualisierten Zähler gibt es übrigens auf diesem spreadsheet:

Wo ist der Beweis?

Natürlich gibt es keinen messbaren Beweis für diese Leistung. Ich kann aber garantieren, dass ich gewissenhaft meine Strichliste und später mein Spreadsheet aktualisiert habe. Es dürfte sogar eher möglich sein, dass ich mal einen Strich zuwenig gemacht habe als einen zu viel.

Ich denke bei solchen Leistungen muss eine Art Bergsteiger-Codex gelten. Wenn ein Bergsteiger behauptet er hätte eine Berg bestiegen, dann gilt sein Wort.

Also bitte, bis ich von jemand anderem übertroffen werde, sehe ich mich als Weltrekordhalter im Distanz-Aareschwimmen in einer Saison. 303.3 305.1 306.9 308.7 310.5 312.3 314.1 km (für den aktuellsten Stand), wer bietet mehr?

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Die “Beweise”:

Beweis 1: Die gewissenhaft geführte Strichliste

Beweis 1: Die Strichliste

Beweis 2: Die geschundenen Schwimmerbeine

Beweis 2: Die geschundenen Schwimmerbeine

Beweis 3: Könnte ein Schwimmschuh sonst so verrupft sein?

Beweis 3: Könnte ein Schwimmschuh sonst so verrupft sein?

Beweis 4: In diesem Videoloop sieht man deutlich, dass ich in der Aare schwimme

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Bald!

In ein paar Wochen fahren wir nach Ligurien in die Ferien, und selbstverständlich werde ich versuchen ein Photo in Voltri am Mittelmeer zu machen. Watch this space.

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So, und jetzt noch mal schwimmen, die Aare ist immer noch 20.4º. Da geht noch einer.

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Edit: Ich hoffe es wurde klar. Meine “Leistung” sehe ich selbst mit sehr viel Selbstironie. Denn eigentlich sagt sie nur aus, dass ich viel zu viel Zeit habe. Und eigentlich müsste ich mich schämen darüber. Klar es gibt Wichtigeres im Leben, und gerade in diesem Jahr assozieren wir das Mittelmeer vorallem mit der schrecklichen Flüchtlingstragödie. Refugees welcome! Kein Mensch ist illegal!

Trotzdem. Manchmal braucht es etwas Abwechslung. Und es hat Spass gemacht, mir einen Challenge zu setzen, und das Ziel auch zu erreichen. Aber damit hat es sich auch bereits. Wenigstens ein Berner hat sein sportliches Saisonziel für 2015 erreicht. 😉

Dieser Beitrag fokusiert nur auf den quantitativen Aspekt der Erfahrung, vielleicht schreibe ich irgenwann noch etwas zur Qualität, zu Highlights, Lowlights, Entrüstung, Begeisterung. Wie zum Beispiel über den wunderschönen, stolzen, toten Baum, den ich auf jeder Schwimmrunde in jedem möglichen Licht bewundert habe, und der dann an einem der letzten Tage, kurz bevor ich vorbeischwamm, umgehauen worden ist. Oder über die Graureiher.

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Die Ankunft in Voltri

The swimmer has arrived in Voltri 4
The swimmer has arrived in Voltri 7

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