ok. ich lebe nicht hinter dem mond; wenigstens nicht komplett. eine einfache google-search meines namens (aka egosearching) spuckt meinen blog an oberster stelle aus; und so soll es auch sein. und trotzdem konnte ich mich bis vor kurzem einer letzten, leichten illusion von anonymität hingeben. dieser letzte schleier ist nun endgültig gefallen. ein interview mit mir ist letzte woche in der annabelle erschienen und darin geht es, unter anderem, um diesen blog. meine mutter liest (momentan) die annabelle (sie bezieht gerade ein test-abo. tja, zufälle gibts). die annabelle hat es glücklicherweise verbockt die url zu meinem blog im heft zu publizieren. und trotzdem, eine vage vermutung mausert sich (fast) zur gewissheit; meine mutter liest wahrscheinlich mit.
okay, was soll ich jetzt sagen? “willkommen auf meinem blog, mama”? oder frage ich, “liest du mich tatsächlich?”, um mir endgültige gewissheit zu verschaffen? oder gar, “sorry mum, ja, leider schreibe ich einen blog. ich weiss, ich schreibe nicht sonderlich gut; hoffentlich schämst du dich nicht allzu sehr”.
mein blog war bisher nicht etwa ein tabu in unserer familie, aber auch noch nie ein thema. ich habe meinen blog bisher nie erwähnt und frage mich gerade, warum eigentlich nicht? warum wirkt es wie eine art coming out, der eigenen mutter zu sagen, dass man bloggt? sicherlich ist dies ein coming out relativ schwacher ausprägung, aber gewisse parallelen bestehen. die peer group weiss es bereits, aber bei der eigenen familie stockt man mit der mitteilung. früher schon, selten mal, ist mir die frage durch den kopf geschossen, liest meine mutter wohl mit? und was hält sie wohl davon? nun ist es also draussen. sie war es sogar, die mich per sms darauf hingewiesen hat, dass der artikel in der annabelle jetzt erschienen sei. schönes photo, sagte sie.
warum bloss ist es solch ein spezieller moment, wenn man erfährt, dass die eigene mutter mitliest. bereits auf mehreren blogs habe ich beschreibungen dieses momentes gefunden, immer wurde er als einschneidende erfahrung erwähnt. doch eigentlich verstehe ich nicht genau was so speziell daran sein soll. schliesslich öffnet man sich in blogs der ganzen welt, wenigstens bis zu einem gewissen grad. “der welt ein offenes buch sein” habe ich kürzlich einen blog beitrag betitelt.
zum glück ist mein blog inhaltlich nicht allzu persönlich gehalten. der seelenstriptease hält sich bei mir in grenzen. andere blogger legen ihr intimstes sexualleben breit, oder vollziehen ihr anger management öffentlich auf ihren blogs. ich blogge meist über themen, die relativ wenig mit mir zu tun haben. nur manchmal wird es persönlich, wie zum bespiel in diesen verflixten blogumnen.
trotzdem beschäftigt es mich, wenn ich erfahre wer mich liest. grundsätzlich richte ich mich in einem blog an ein diffuses publikum. hello world. ich weiss nie genau wer mich liest, schaue mir auch meine besucherstatistik sehr selten und nur auf sehr oberflächliche weise an. wenn ich dann irgendwie herausfinde, dass leute mein blog lesen, die ich eigentlich aus einem anderem kontext kenne, wird mir jeweils einen moment lang ziemlich anders; und falls nun die person mitlesen sollte, die mich wahrscheinlich am besten und sicher am längsten kennt, dann erst recht.
dabei ist einer meiner lieblingsnebeneffekte des bloggens genau diese offenheit. wenn ich einen mir bekannten blogger zum kaffee treffe, braucht es keine einführenden floskeln, weil vieles bereits bekannt ist; denn man liest sich ja. ich weiss dann jeweils ziemlich genau an welchen themen mein gesprächspartner gerade ist und kann diese nun locker einfliessen lassen. dadurch ergeben sich oft witzige situationen. das könnte eigentlich auch mit der familie so sein.
vorhin habe ich mich gefragt, was ich jetzt schreiben soll; soll ich meine mutter willkommen heissen? oder soll ich sie fragen, ob sie meinen blog jetzt tatsächlich liest? oder mich bei ihr entschuldigen? jetzt weiss ich’s:
“hello mama. wann kann ich dir einen blog einrichten? ich würde es gerne lesen.”
na ja, deine Mutter ist doch auch schon im Domino gewesen als du dich mit einem Blogger getroffen hast. 🙂
Aber bei uns zuhause wird das ganze relativ totgeschwiegen. Da haben meine Eltern irgendwie kein Verständnis für diese Bloggerei!
tja eltern sind halt von gestern. per definition