Gief Palliativ-Kit

Gebt mir wenigstens ein verficktes Palliativ-Kit13 min read

DISCLAIMER: In diesem Beitrag geht es nicht um mich!

Einem Kollegen von mir geht es seit vielen Monaten gesundheitlich sehr schlecht. Die Vermutung ist Covid-19 Langzeitverlauf (aka LongCovid), aber er verfügt über keine offizielle Diagnose. Er hat diesen verzweifelten Text verfasst und mich gefragt, ob ich ihn auf meinem Blog veröffentlichen könne. Was ich natürlich sehr gerne tue, denn seine Forderung nach Palliativ-Kits kann ich nur unterschreiben.

Bebilderung: mine or internet. Please share.


Seit letzten Donnerstag lebe ich wieder in einer fast ständigen Todesangst. Die Symptome haben sich seit drei Wochen wieder verschlimmert, die akuten Erstickungsgefühle haben seit vier Tagen wieder massiv zugenommen.

Eigentlich kenne ich seit vielen Jahren eine Todessehnsucht. Aber so wie mir jetzt ganz langsam aber sicher die Luft ausgeht, das gefällt mir gar nicht.

Clubbing Mit Maske

Ich wäre sehr gerne in Würde gestorben. Alles. Bloss nicht dieses langsame Ersticken im Zeitlupentempo.

Ich würde gerne in einer Gesellschaft leben, in der ich auch ohne einen positiven Test mit meinen Symptomen (siehe unten) ernst genommen würde. In einer Gesellschaft, die mich genau so wie ich bin wertschätzt, sprich auch mit meinen Ängsten und Vorbehalten gegenüber der Schulmedizin. Viele davon berechtigt, wie ich meine oder zumindest geschichtlich erklärbar. Bei meinem Spitalaufenthalt anfangs 20 wurde ich nachhaltig traumatisiert. Mein Vater, selber Mediziner, wollte 1993 schwerkrank auf gar keinen Fall in ein Spital gehen, lieber friedlich zuhause sterben, was er dann anfangs 1994 auch tun durfte.

Aber erklärt es mir bitte, was könnte mir diese hochgelobte Medizin aktuell denn schon bieten? Ich meine konkret jetzt, genau bei dieser Krankheit, bei der sie nicht mal die Diagnose hinkriegen und weiterhin das Symptom, Asthma, mit der Ursache verwechseln. Bei vielen anderen Krankheiten hat sie einiges zu bieten, die Medizin, das ist mir schon klar. Dafür bin ich auch dankbar, Stichwort: Hep C.

Antivirus

An eine IV würde sie mich hängen in einem Spital, was ich nicht möchte, und was die Sache vielleicht sogar schlimmer machen könnte wegen dem Sodium (Bradykinine). Anschliessend würden sie mich mit Antibiotika vollpumpen. Wieso das denn eigentlich, falls es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um eine virale Erkrankung handelt? Einfach aus schierem Aktionismus heraus, weil man weiss ja nie. Man weiss ja nie, hier nimm Antibiotika, nützts nüt so schadets nüt. Aber vielleicht schadet es ja doch, schwächt den Körper und die körpereigenen Abwehmechanismen. Dann später würden sie mich intubieren wollen, was ich gemäss meiner Patientenverfügung nicht will und was eigentlich eh fast nie etwas hilft bei Covid19, denn 85% der Intubierten sterben. Von der Arroganz der Ärzt:innen, der Isolation, der Unpersönlichkeit im Krankenhaus, in einem Zimmer mit Fremden, vom Dauerbetrieb, von der täglichen Erniedrigung namens Arztvisite sowie, last but not least, vom schrecklichen Essen im Spital reden wir schon gar nicht. Von der Trennung von meiner Partnerin und besten Freundin auch nicht. Von den Superbugs die man sich in Spi†älern auflesen kann schon gar nicht.

Was sie Positives tun könnten liegt alles im palliativen Bereich. Sauerstoffmaske. Schmerzmittel. Schlafmittel unter Supervision einer Nachtwache (denn zuhause bereitet es ja zusätzliche Angst sich mit Medikamenten zu betäuben, wenn eins befürchten muss, dass eins im Schlaf ersticken könnte).

Aber dafür, nur für banale palliative Massnahmen, müsste ich doch nicht in ein Spital.

Come on. So nicht, Leute.

Okay, sie könnten zudem präventiv gegen die Blutgerinnsel Blutverdünnungsmedikamente verabreichen und daneben alle möglichen Medikamente rein knallen um deren Nebenwirkungen wegzubomben. Es wäre eine Schlacht. Ich wäre ein Stück Fleisch, ausgesetzt dieser aktionistischen Pseudowissenschaft im trial and error Modus, die zwanghaft immer etwas machen machen machen muss, gegeißelt auch vom hippokratischen Eid. Machen machen machen. Kaum zuhören. Und dabei über die Nase herab mit den Patient:innen sprechen.

Ach, wie fehlt mir mein Vater, der sein Leben lang als Schulmediziner für eine menschlichere, emphatischere Medizin gekämpft hat. Und vielleicht auch genau darum selber schwerkrank nie und nimmer in ein Spital gehen wollte. Aber er ist lange tot, vergessen. Es gibt kaum noch Ärzte wie ihn, sondern bloss diese streberhaften Besserwisser mit ihren Social Skills auf rüppelhaftestem Niveau.

BR Gimps

Nein. Spital und Schulmedizin ist (bisher) absolut keine Option bei dieser Krankheit. Sobald eine Kur bekannt ist, würden wir wieder darüber reden. Genau so habe ich es bei meiner Hep C gehandhabt. Als endlich eine wirksame Therapie gefunden war, habe ich mich darauf eingelassen. Die jahrzehntelange Angstmache der Hepatologen habe ich ignoriert, die mich in ihre halbfertigen Therapieversuche (eigentlich klinische Studien) reingängeln wollten. You can fuck right off.

Okay, you get my point, Schulmedizin, du kannst mich gerade kreuzweise. Und trotzdem würde ich jetzt sehr gerne in Würde sterben dürfen. Hier zuhause. Bei meiner lieben Frau. Mit ihr zusammen. Auf Augenhöhe.

Gerne hätte ich dazu wenigstens einen Palliativ-Kit, der es mir ermöglichen würde auch hier zuhause zu sterben mit einer gewissen Würde und nicht wie ein winselnder Hund am Strassenrand nachdem er angefahren worden ist auf der Autobahn und jetzt dem gewissen Tod entgegen hechelt.

Warum leben wir nicht in einer Gesellschaft, in der gesagt wird, okay, dem Dude, dem gehts nicht gut, der weiss das schon richtig, dem helfen wir – Prinzip: Hilfe zur Selbsthilfe.

Dem geben wir ein Palliativ-Kit mit nach Hause mit einer kleinen Sauerstoffflasche und entsprechender Maske. Mit Schmerzmitteln und Pillen gegen die Panik. Mit Cannabis in Form von Cookies, paar Ecstasypillen und Ketamin auch gleich dazu, falls er noch bisschen Spass haben möchte. Sowie mit einer Suizidpille, mit der er den Zeitpunkt seines Todes noch in einer letzten Geste der Würde selber bestimmen darf, anstatt warten zu müssen bis die Lunge sich langsam aber sicher von innen her selber auffrisst.

Man wünscht sich ja nichts so sehr wie einen raschen Tod unter würdigen Umständen. Seit so vielen Monaten bin ich schon krank, seit anfangs März sind es mehr als 6 Monate, mehr als ein halbes Jahr verdammt, lebe ich mehr oder weniger in permanenter Todesangst. In dieser ganzen Zeit wurde ich von allen Ärzt:innen entweder verhöhnt, bedrängt oder aber wie ein heisser Kartoffel fallengelassen. Nein, das ist nicht würdig. Sondern erniedrigend.

Covid-1984

Es sei doch “nur” Asthma Asthma Asthma, habe ich von denen gehört. Und Panikattacken. Ja klar ist es Asthma, das weiss ich selber du Quacksalber. Und die Panikattacken sind mir auch bewusst und die sind sogar extrem leicht erklärbar, wenn eins während einer Pandemie ausgerechnet solche Symptome kriegt. Ein weiters lautes deutliches “Duh”.

Doch was bitte löst denn dieses Asthma aus, das wäre die an sich interessante Frage. Doch dazu schweigen sie sich aus, die Halbgöttinnen in weiss und verfallen stattdessen ihrem Aktionismus, verschreiben, was denn, irgendwas halt.

Das einzige was ich gekriegt habe von den Ärzt:innen sind ein Bouquet an Asthmasprays, es sind inzwischen fünf verschiedene Sprays, Temesta und einen codeinhaltigen Hustensirup. Gerne hätte ich auch medical grade Opiat im Haus und könnte damit palliativ wenn es wirklich schlimm wird die schlimmsten Schmerzen und Ängste abfedern, vielleicht sogar *TABUBRUCH* den selbstbestimmten Freitod erleichtern. Es fehlen der Sauerstoff und die Psychedelika. Alles müssen wir uns selber besorgen. Müssen es hacken, uns diesen Freiraum selber erschaffen damit wir in dieser Schweisswelt nur schon in Würde sterben dürfen. Und werden dabei in die Illegalität getrieben.

But The Economy

Ich hatte immer schon grosse Angst vor genau dieser Art Tod. Genau so hätte ich es mir nie gewünscht sterben zu müssen. Genau so nicht. Doch leider lebe ich in einer Gesellschaft, in der sich alles rechnen muss, in der die Krankenkassen und die Pharmaindustrie dem Gesundheitsweisen die Gangart diktieren, wodurch im direkten Kontakt die Ärzteschaft in einer autoritären Topdown Position God Mode gewinnt, was dazu führt dass die Patient:innen unmündig gehalten werden, während die Ärzteschaft wie Halbgötter in Weiss in den Himmel gejubelt werden, obschon sie eigentlich an der Leine einer immer zynischeren, profitgetriebeneren Big Pharma agieren.

Und dies obschon die Ärzt:innen gerade jetzt und genau bei dieser Krankheit eigentlich so verdammt wenig wissen, aber trotzdem nur mit ihrer Arroganz und ihrem Habitus aufzurumpfen wissen, statt mal in Demut etwas vom ihrem hohen Ross herunterzusteigen und mit den Patienten von Angesicht zu Angesicht nach individualisierten Lösungen zu suchen. Überall sonst herrscht Hyperindividualisierung. Aber ausgerechnet in dieser Frage, wenn es um ein Sterben in Würde ginge, werden kranke Menschen wie anonymisierte Nummern behandelt. Stimmt nicht ganz. Denn auch dafür gibt es natürlich in dieser kranken Gesellschaftsform ein Geschäftsmodell, Exit, man muss viel Geld bezahlen, um mit deren Hilfe in Würde sterben zu dürfen. Fuck that.

So nicht, Leute. So nicht.

Ich nehme mir das. Wenn es sein muss, dann kaufe ich mir halt ein Gramm Heroin auf der Gasse. Natürlich nicht, das wäre ja illegal. Aber daran denken darf man ja noch. Als Ex-Junkie.

Und ihr könnt mich alle am Arsch lecken.

Ich lasse mir von euch doch keine (zusätzlichen) Angst einjagen.

Ich gehe hier raus mit Stolz und mit meiner Würde intakt.

Ich habe so viel herausgefunden über diese Krankheit, das meiste mit Hilfe von anderen Betroffenen sowie in ausführlicher Recherche im Internet (ja ja lacht nur, aber im Internet gibt es auch sehr seriöse Quellen). Und ich bin euch meilenweit voraus.

Mein Hausarzt, diese Nülpe, wusste neulich, im September 2020!, noch nicht mal dass der PCR-Test nur in Woche eins der Symptome zuverlässige Resultate liefern kann, Seine Erklärung? Er sei ja kein Spezialist. Come on. Das ist Anfängerwissen, das weiss ich seit Mitte März. Vom Drosten Podcast, und der hat schliesslich diesen Test entwickelt. Aber mich belächeln wegen meinen Symptomen und mir das Gefühl geben ich bilde mir alles bloss ein, das konnte mein Hausarzt dann schon. Das ist erbärmlich schlecht. Menschlich niederträchtig.

Come on Leute, so nicht.

Virale

Betreibt eure eigene Recherche. Erforscht euren eigene Körper. Hackt ihn. Macht euch schlau. Die Halbgötter in weiss haben als Denkfigur ausgedient. Ihr Sockel war längst marode, stossen wir ihn um. Es braucht jetzt ein Gesundheitswesen in denen Ärzt:innen und Patient:innen gemeinsam sich schlau machen, und nach Lösungen suchen und diese weiterentwickeln. Das Wissen dazu ist dort draussen. Die Wurmbüchse ist offen, die Würmer kriegst du niemals wieder rein, weil wenn du sie auf der einen Seite reindrängst, sie auf der anderen wieder raushüpfen. Okay, kriechen.

Ja. So ginge es. Hive mind. Fickt alle unverdienten Hirearchien.

Und gebt mir wenigstens ein verficktes Palliativ-Kit.

Solidarität


Anhang: Meine Symptome

Also, es gibt zwei Thesen:

1. ich hatte Covid19, inzwischen sog. LongCovid
2. es ist eine Asthmaattacke nach Infektion durch ein anderes Virus, mit dem ich mich zur genau gleichen Zeit angesteckt habe anfangs März als sich das neue Coronavirus ungebremst verbreitet hat, welches bei mir dann einen exponentiell schlimmeren Asthmaverlauf ausgelöst hat als ich ihn bisher je auch nur annähernd gekannt hatte.

Denn ja, ich hatte schon vorher Asthma, aber noch nie so schlimm, nicht mal annähernd. Different ball park.

Zudem Asthma ist ein Symptom. Was ist die Ursache dafür? Aber egal.

Ich gebe zu, dadurch deute ich schon ein wenig an wie ich es momentan sehe.

I mean what are the chances. Korrekt, die Chance für 2. besteht, aber es wäre schon ein ziemlicher Zufall. What are the odds?

Zudem gab es eine mögliche Ansteckungskette, meine Partnerin war Mitte Februar in Paris, im Zug, in der Metro und wer weiss wo sonst noch. Sie fühlte sich danach sogar kurz krank, hatte als vielleicht einen dieser sehr kurzen, fast symptomfreien Verlauf.

Doch nebst all diesen Umständen, schauen wir doch mal der Reihe nach welche meiner Vielzahl von Symptomen (was ja auch bereits für Covid19 spricht), die gekommen und gegangen sind (was auch wieder für Covid19 spricht), liessen sich schlecht oder gar nicht mit der Asthmathese erklären:

[Allgemeine Phänomene]
– tendenziell zu tiefe Temperatur, nicht sehr tief aber 35.9º war keine Seltenheit, das tiefste war 35.5
– Verdauungsstörungen, Verstopfung gefolgt ein paar Tage später von Durchfall
– Gewichtsverlust, Appetitverlust
– kleine Verletzungen verheilen sehr schlecht
– Beulen am ganzen Körper auch nach leichten Berührungen (melden viele LongCovid Betroffene)
– muskuläre Krämpfe (trotz Magnesium)
– Schwindel, Gleichgewichtsstörungen

[Symptome die vielleicht auf Blutgerinnsel hindeuten]
– Pulsierende Schmerzen in den Beinen und Armen
– Lähmungserscheinungen in den Beinen (kann es bei schwerem Asthma auch mal geben)
– Pulsierend stechende Kopfschmerzen
– angeworfenes Herzklopfen (kann es bei Asthma wohl geben, aber in eigenartigen Schüben ist es komisch) mit in die Arme ausstrahlenden Schmerzen

[Neurologische Symptome]
– Geruchshalluzinationen (kann es wohl geben bei Asthma, wie häufig? Plus sehr typisch bei LongCovid)
– Insomnia
– Unerklärlich starke Emotionalität
– Morgens sehr hungrig (obschon ich normalerweise bis Mittag ohne Probleme faste)
– Reaktionen auf Süssigkeiten und Weissmehl
– Buzzing feeling (wie eine Wespe um den Kopf)
– Konzentrationsschwierigkeiten
– Probleme mit dem Kurzzeitgedächtnis
– Schwierigkeit Worte zu finden
– Eigenartige Müdigkeitsmuster

[Widerspricht mir bereits bekannten Erkrankungserfahrungen]
– Keinerlei Verbesserung durch Kortison (was sonst bei Asthma bisher noch nie der Fall war)
– Kein Heuschnupfen trotz grosser Trockenheit in diesem Jahr und Saisonalität (in der entsprechenden Zeit kriege ich sonst immer teilweise starken Heuschnupfen, sehr selten mit leichtem Asthma)

[Asthmatypische Symptome mit Fragezeichen]
– trockener Husten (passt zu Asthma, hatte ich bisher noch nie vorher gehabt)
– weisser schleimiger Auswurf (passt, noch nie zuvor gehabt)
– Atembeschwerden (neu tendenziell beim inatmen, während bisher immer das Ausatmen schwierig war)
– Aufwachen in der Nacht mit Herzrasen und Atemknappheit air hunger (kann es geben bei Asthma, wird aber von sehr vielen LongCovid Patienten beschrieben)
– Panikattacken (kann es bei Asthma geben, aber die oben erwähnte Emotionalität schien ein starker Faktor zu sein)

[Trotzdem spricht weiterhin für die Asthmathese, die ja eh bloss eine Symptombenennung ist]
– ich hatte bereits vorher Asthma, und im letzten Jahr ist es bereits etwas schlimmer geworden, wohl wegen dem Schimmel in der alten Wohnung. Das Asthma hätte somit zwar einen Quantensprung gemacht, aber es war nicht neu
– Zwei PCR-Tests waren negativ, okay, sie fanden in der dritten und fünften Woche der Symptome statt, in denen PCR oft mit False Negative resultiert, aber es gibt halt keine Bestätigung
– ich habe eine hypochondrische Tendenz. Hierzu nur, viele der Symptome habe ich an mir selber beobachtet (wie etwas die Geruchshalluzinationen, die Schwindel, die schlecht heilende Wunden u.a.) lange bevor ich gelesen habe, dass diese auch bei anderen LongCovid auftreten. Überhaupt bin ich relativ spät auf das Thema LongCovid aufmerksam gemacht geworden, hatte damals die Covid19 These längst verworfen, litt aber weiterhin an Symptomen.
– Auch Panikattacken kannte ich bereits, aber noch nie so stark mit solch eindeutigen Todesängsten

Aber wie gesagt, klar habe ich Asthma. Aber wieso? Not a clue, but a good guess, I guess.

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