#ReconquistaInternet – Geblockt von Kommandante Wixfürst7 min read

Gestern wollte ich von obigem Tweet einen Retweet machen, ging aber nicht. Böhmi hatte reconquista-internet.de angekündigt, die neue Website von #ReconquistaInternet. Die Website hab ich mir kurz angekuckt, gute Sache. Aber aus irgendeinem Grund wollte es nicht klappen mit einem Retweet. Vor nicht allzu langer Zeit konnte ich noch erfolgreich mehrere Retweets von seinem Account machen. Es ging damals bereits um das gleiche Projekt, es kann sich also höchstens um ein paar Wochen handeln. Da ich normalerweise Tweetdeck nutze, wechselte ich auf einen Browser, wo mir dann klar wurde, dass ich von Jan Böhmermann geblockt worden bin.

Blocked by Böhmi
Huch, blocked by Böhmi

Huch!? Wieso das denn?

Ich übertreibe nicht, wenn ich schreibe, dass ich das Gefühl hatte als würde mir der Boden unter meinen Füssen weggezogen. Dies sagt natürlich einiges über mein pathetisches Leben aus, genauer gesagt darüber, welche unverhältnismässige Wichtigkeit die sogenannten sozialen Medien zur Zeit in meinem Leben einnehmen. Aber das ist ein anderes Thema. Darum geht es jetzt nicht. Oder irgendwie doch. Vielleicht ein ander Mal mehr.

Es ist mir bewusst, dass niemand sich heute über so etwas wie Blocks nicht aufregen darf, darüber stehen, heisst die Devise. Es gilt sogar als uncool sich über Blocks schon nur zu äussern. Solche Schwächen gibt sich doch heute niemand mehr. Wenn irgend ein rechter Hater mich blockt, dann ist es mir komplett egal, dann weiss ich meist auch wie es dazu kam. In diesem Fall verstehe ich es aber überhaupt nicht. Dieser Block hat mich verletzt, und dazu stehe ich auch, vor allem weil ich ihn nicht verstehen kann. Im momentanen Kontext fühlte es sich an wie eine Ungerechtigkeit, gar eine Abstrafung, basierend höchstwahrscheinlich auf einem Missverständnis. Und was bitte kann ich denn jetzt dagegen tun?

Als Fan von Jan Böhmermann würde ich mich nicht gerade bezeichnen, aber ich fand und finde Böhmi wirklich ganz okay. Von gewissen seiner Videos, Sketches und Aktionen war ich sogar wirklich begeistert. Für mich ist er eines der Ausnahmetalente der Deutschen Comedyszene mit dem ich auch aus politischer Sicht oft einig gehe. Seit vielen Jahren kucken wir uns regelmässig seine Sendung an. Vom Themenbereich, von der Geekiness, von der Schärfe der Witze und meist auch von der politischen Haltung her gibt es momentan kaum etwas Vergleichbares, weder in Deutschland, noch in der Schweiz. Auch vom Projekt #ReconquistaInternet war ich bisher mehrheitlich begeistert, eine Begeisterung die ich bereits mehrmals auf Twitter und auch hier auf meinem Blog kundgetan habe.

In letzter Zeit wurde Reconquista Internet teils scharf kritisiert, oft ging es dabei um die Blocklisten von rechten Trollen, die offenbar zirkulieren, was als totalitäres Mittel eingestuft wurde. Diese Kritik habe ich nicht verstanden. Für mich sind Blocklisten ein legitimes Mittel gegen Troll-Accounts wie auch gegen extreme Rechte. Zur ebenfalls oft diskutierten Frage, ob mit Rechten geredet werden müsse, lautet meine kurze Antwort, nein. Wer will kann mit Rechten reden (if so inclined), muss aber nicht, darf ihnen aber auf keinen Fall, und dieser Punkt hat absolute Priorität, eine Plattform bieten. Am Samstag erschien in der TAZ der Artikel Ein Diskurs zum Würgen von Lalon Sander auf den ich hier und auf Twitter verlinkt habe, mit seiner Haltung bin eigentlich zu 100% einverstanden:

Dass Böhmermann es Menschen einfach ermöglicht, rechten Müll auf Twitter nicht sehen zu müssen, ist ebenfalls nicht totalitär – eher im Gegenteil: Es ist Abwehr gegen eine seit Monaten und Jahren andauernden rechten Propagandakampagne.

Ich werde also von “Kommandante Wixfürst” höchstpersönlich geblockt, und eigentlich hätte dies sogar eine gewisse Komik, und es gibt wohl nicht wenige, die sich jetzt eine Kerbe ritzen würden. Doch ich fand es alles andere als witzig. Als ich es bemerkt habe, war der erste Gedanke und mein grösster Schrecken, ob ich denn irrtümlich auf die besagte Blockliste gerutscht sein könnte. Plötzlich panisch suchte ich nach Links zu der Blockliste (welche ich selber nie verbreitet hatte), dann nach meiner Twitter-ID und durchsuchte die Liste. Meinen Account fand ich nicht darin.

Bisher.

Blocklisten bleiben wie gesagt ein absolut akzeptables Mittel. Aber sie müssen unter Einhaltung einer gewissen Sorgfaltspflicht erstellt werden. Welche Accounts geblockt werden und aus welchen Gründen sollte möglichst präzisen Kriterien entsprechen. Daraus ist eine neue Form von sozialer Verantwortung entstanden. Einem Account, die auf diese Weise aus dem Dialog ausgeklammert werden, stehen eigentlich kaum Mittel zur Verfügung sich dagegen zu wehren. Dieses Mittel sollte, wenn immer möglich, nur als letzter Schritt eingesetzt werden. Twitter bietet beispielsweise auch eine Stummschalffunktion und andere Möglichkeiten an, wie gewisse Accounts eine zeitlang (oder auch für immer) gemieden werden können. Und eigentlich müsste es sogar ein Ziel sein, dass Blocks nur aus transparenten oder zumindest nachvollziehbaren Gründen geschehen. Wie sich dies technisch umsetzen lässt ist mir allerdings auch nicht klar.

Das gleiche gilt für mich auch für individuelle Blocks. Es kann schon mal geschehen, dass jemand in der Wut, im Affekt, einen Account blockiert. Eine Blockliste gilt es dann aktiv zu unterhalten, und solche Blocks möglichst rasch wieder aufzulösen. Meist gibt es in solchen Fällen auch eine Vorgeschichte, einen konkreten Anlass, etwa einen Streit, und somit ist ein solcher Block zumindest irgendwie verständlich. Wenn Accounts aber zu Unrecht geblockt werden, kann dies erstaunlich verletzend sein. An meinem eigenen Beispiel wurde mir klar, wie sehr es einen aufwühlen kann (nicht zum ersten Mal übrigens). Gerade weil mein Selbstverständnis als Linker intakt bleibt, hat mich der Gedanke zutiefst aufgerüttelt, plötzlich zu Unrecht als rechter Troll zu gelten. Das wäre nicht nur absurd, sondern auch ungerecht und verletzend. Den Grund nicht zu verstehen macht einen zusätzlich hilflos.

[Ich mache mich hier mit solcher Ehrlichkeit ziemlich verletzbar und kann mir praktisch vorstellen, wie echte Trolls bereits ihre Fingergelenke locker machen. Aber hier auf meinem Blog kann ich zum Glück recht gut schützen.]

Als nächstes durchsuchte ich meine kürzlichen Interaktionen mit @janboehm, um zu versuchen zu verstehen, warum er mich geblockt haben könnte. Letzten Sonntag war mir aufgefallen, dass ein Schweizer Politiker der SVP (ich werde seinen Namen hier nicht nennen) sich wegen Reconquista Internet aufgeregt hatte. Dabei fiel mir auf, dass er dazu einen Hashtag benutzt hatte, der ansonsten meist für den US Präsidenten (dito) verwendet wird; ein Umstand, der mich amüsiert hat. Diese beiden Beobachtungen kombinierte ich zu einem Tweet. Für mich war die Intention klar. Ich wollte Jan auf den Tweet des Schweizer Politikers hinweisen, mich gleichzeitig über den vom dumpfbackigen Politiker verwendeten Hashtag lustig machen, weil der doch eigentlich so gar nicht passte, und weil ich dachte das könnte Böhmi vielleicht ebenfalls witzig finden.

Hat @janboehm möglicherweise diesen Tweet falsch verstanden und mich darum geblockt?
Und was bitte kann ich denn jetzt tun, um es ihm zu erklären?

Ihr wisst schon, lächerlich, Böhmermann wird dies hier eh nie lesen, der hat viel zu viel um die Ohren, aber lasst es mich trotzdem bitte hiermit versuchen:

Hallo Jan, ibims, ebenfalls der Jan vong Twitter her. Ich find dich Klasse. Ich bin auf deiner Seite. Bitte entblock mich. KKTHXBYE

Der Kodex von Reconquista Internet
Der Kodex von Reconquista Internet Der Kodex von Reconquista Internet

[Quelle: reconquista-internet.de/#kodex]

Kommandante Wixfürst
Kommandante Wixfürst

[Quelle: Hass im Internet – Neo Magazin]

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